Einblick in unsere Forschung
Wie können in vernetzten Gebäuden und Städten akustische Daten erhoben und für Anwendungen im Bereich Energieeffizienz, Sicherheit und Verkehr genutzt werden?
Dieser Frage gingen Wissenschaftler des Fraunhofer IDMT im Rahmen des auf zwei Jahre angelegten europäischen Forschungsprojekts »EAR-IT« nach. Untersucht wurde auch, ob und unter welchen Bedingungen die Bewohner den Einsatz von akustischen Technologien in ihrem Wohnumfeld befürworten. Für das Projekt standen zwei Testsysteme aus dem Projekt »Future Internet Research & Experimentation« (FIRE) zur Verfügung: das »HobNet« in einem Gebäude der Universität Genf, Schweiz, für Anwendungen in einem Bürokomplex, und das »SmartSantander«-Projekt in Santander, Spanien, mit großflächig vernetzten Außenbereichen.
Energieeffizienz und Sicherheit in Bürogebäuden
Wie viele Personen sich in einem größeren Gebäude aufhalten, ist eine wichtige Kennzahl, um Beleuchtung, Lüftung und Heizung energieeffizient regulieren zu können. In dem Forschungsprojekt Ear-It wurde der Nutzungsgrad im Gebäude der Universität Genf über akustische Sensoren ermittelt und die Klimaanlage entsprechend nachgesteuert. Auch die Beleuchtung der Büros war nur eingeschaltet, wenn die Sensoren Mitarbeiter in den Räumen registrierten. Die Fraunhofer-Wissenschaftler nutzen die vernetzten Mikrofone, um mithilfe von computerbasierten Verfahren akustische Ereignisse in den Büros zu erkennen – beispielsweise Türklappen, das Klackern der Computertastatur oder das Mahlen der Kaffeemaschine. Detektierte die Rechnereinheit einen Hilferuf, wurde automatisch ein Alarm an den Sicherheitsdienst weitergeleitet. Über die Mikrofonierung konnten die Mitarbeiter außerdem Heizung und Licht per Sprachbefehl steuern.
Verkehrsoptimierung in der Smart City
In der spanischen Stadt Santander besteht bereits seit zwölf Jahren ein Sensornetzwerk über mehrere Straßenzüge, das als Testumgebung für Smart City-Anwendungen genutzt wird. Für das Projekt Ear-It entwickelten die Fraunhofer-Wissenschaftler kleine, kostengünstige Signalverarbeitungseinheiten, sogenannte »Acoustic Processing Units « (APU), die in die bestehenden Netzwerke in der Testumgebung integriert wurden. Diese Recheneinheiten können akustische Daten direkt verarbeiten und nur diejenigen Informationen weiterleiten, die für definierte Auswertungszwecke relevant sind. So wurde beispielsweise das Verkehrsaufkommen in einem zentralen Straßenzug akustisch gemessen und anhand dieser Information das Ampelsystem so angesteuert, dass der Lärm in dem Stadtgebiet eingedämmt wurde. Darüber hinaus wurden Erkenner-Algorithmen eingesetzt, die das Signal von Sirenen akustisch erkennen, um Einsatzfahrzeuge zu lokalisieren und im Notfall die Ampelschaltung automatisch anzupassen.
Akzeptanz in der Bevölkerung
Ob akustisches Monitoring von der Bevölkerung akzeptiert wird, wurde im Rahmen des Forschungsprojekts von der Technischen Universität Lulea, Schweden, untersucht. Die Studie mit eintausend Teilnehmern aus fünf Ländern ergab, dass die Akzeptanz für akustische Anwendungen im Bereich der Sicherheit deutlich höher ist, als die Zustimmung zu der Überwachung durch Videokameras. Vorausgesetzt, die Bürger sind informiert, dass Daten im öffentlichen Raum erhoben werden. Auch möchten die Bewohner ihre Einwilligung geben, zu welchem Zweck die erfassten Daten verwendet werden.
Hardware-Entwicklung für drahtlose und kabelgebundene Netzwerke
Die Projektgruppe Hör-, Sprach- und Audiotechnologie des Fraunhofer IDMT entwickelte in Ear-It die Hard- und Software für die Aufnahme und Verarbeitung der akustischen Daten. Ziel war es, robuste Signalverarbeitungsverfahren und kostengünstige Hardware zu entwickeln, die einfach in bestehende kabelgebundene oder drahtlose Sensornetzwerke integriert werden kann. Kern der »Acoustic Processing Unit« (APU) ist eine eingebettete Plattform (Embedded Board), mit der komplexe Signalverarbeitungsalgorithmen auch auf breitbandige, hochaufgelöste Audiosignale angewendet werden können.