Im Interview mit Danilo Hollosi
Als Teil industrieller Förder- und Antriebstechnik sind Axialkolbenpumpen sehr weit verbreitet. Ein unvorhergesehener Ausfall dieser Anlagen ist mit hohen Kosten verbunden. Daher haben sich Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer IDMT in Oldenburg die Axialkolbenpumpe als Praxisbeispiel für das akustische Monitoring von Maschinen ausgesucht. Mit dem Ziel, teure Folgeschäden zu vermeiden, können die Expertinnen und Experten im Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie anhand ihrer Geräusche erkennen, wenn die Pumpe nicht mehr läuft. Außerdem kann die akustische Ereignisüberwachung als Teil der Fernwartung und -steuerung eingesetzt werden. Ähnlich einem modernen Flugzeugtriebwerk kann damit die Pumpenleistung als Service vertrieben werden. Im Gespräch mit Danilo Hollosi, Gruppenleiter »Akustische Ereignisdetektion«.
Herr Hollosi, Sie sprechen davon, dass Sie Computern das Hören beibringen. Hören diese besser als der Altmeister im Maschinenraum?
Maschinen hören besser, und zwar in Frequenzbereichen, in denen der Altmeister nicht hört. Aber unsere Technologie ist auch dort einsetzbar, wo sich ein Mensch nicht lange aufhalten möchte oder darf, hört unabhängig von der Uhrzeit objektiv immer gleich gut und ist immer vor Ort, ohne direkten Kontakt mit der Maschine haben zu müssen.
Womit sticht die Lösung heraus?
Unsere nachrüstbaren Sensorplattformen mit so schönen Namen wie »Krill« oder »Oktopus« ermöglichen die Prognose und Identifikation verschiedener Arten von Zuständen, wie etwa ein Lagerspiel, Gleitschuhschäden oder Verschleiß durch Kavitation. Für jeden erkannten Zustand lässt sich überdies eine Aktion definieren, die automatisch ausgeführt werden soll. Beispielsweise kann das geregelte Herunterfahren einer Anlage größere Schäden sowie die Unterbrechung eines übergeordneten Prozesses vermeiden. Die Bänder müssen also nicht still stehen. Das erhöht die Planbarkeit in der Instandhaltung und unterstützt Wartungspersonal durch konkrete Hinweise zum Schadensfall. Und das auch ohne Verbindung ins Internet. Ausgelegt für sicherheitskritische Anwendungen und höchste Datensicherheit befriedigen wir auch die höchsten Ansprüche. Ein wichtiger Mehrwert des Monitoring-Systems rührt daher, dass ein Großteil der Datenverarbeitung bereits auf dem Sensor erfolgt.
Auf der Hannover Messe 2018 zeigten Sie Business Cases für skalierbare Services auf Basis Ihrer frei konfigurierbaren Sensorknoten. Welchen Ansatz verfolgen Sie mit Ihrer Software?
Mit unserer übersichtlichen grafischen Benutzeroberfläche zeigen wir eine mögliche Mensch-Maschine-Schnittstelle, die zum einen akustische Ereignisse visualisiert und zum anderen eine Konfiguration der Sensorknoten auch über den Anwendungsfall Axialkolbenpumpe hinaus erlaubt. Zuschaltbar ist beispielsweise auch eine Hilferuf-, Schritt- oder Sprach-Erkennung. Entscheidend ist aber unsere Schnittstellen-Kompetenz für die Ökosysteme unserer Kunden: Mit dem akustischen Condition Monitoring kann die zuverlässige Maschinenleistung als Service angeboten und mit alternativen Geschäftsmodellen vertrieben werden, z. B. über Leasing. Die generierten Daten werden verfügbar für die weitere Nutzung im Kontext Industrie 4.0.
»Pumpenleistung as a Service eröffnet Anbietern von Anlagen neue Geschäftsmodelle und ihren Kunden alternative Bezugsmöglichkeiten.«
Wie geht weiter?
Wir arbeiten mit unseren Partnern an weiteren Business Cases für skalierbare Monitoring Services auf der Grundlage unserer akustischen Sensorsysteme. Unser Pumpen-Monitoring wird anwendungsorientiert von starken Partnern begleitet. Im Projekt »ACME 4.0«, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF gefördert wird, konnte bereits das Technology Readiness Level 7 erreicht werden. Industriepartner des Projekts sind die Bosch Rexroth AG und die Infineon Technologies AG. Mit unseren Partnern und Endanwendern aus der Industrie und den Endnutzern arbeiten wir an der Weiterentwicklung und Implementierung der Technologie. Hier bewegen wir uns in den Bereichen Energiewirtschaft, Wasserwirtschaft, Schwerindustrie, Spezialmaschinenbau, Anlagenbau und Fördertechnik. Neben den Pumpen hören wir auch Motoren, Turbinen sowie Kompressoren zu. Mit Autobauern und Zulieferern arbeiten wir intensiv am, in Zukunft autonom fahrenden, »hörenden Auto«, das z. B. Sirenen von Einsatzfahrzeugen oder Kindergeschrei zuverlässig erkennt.
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