Im Interview mit Christian Rollwage

Durch die hohe Verfügbarkeit und einfache Handhabung von großen und kleinen Quadcoptern, Hexacoptern und weiteren Fluggeräten ergeben sich viele neue Anwendungsfelder für diese Technologie, allerdings auch Bedrohungsszenarien. Um angemessen reagieren zu können, braucht es Hilfsmittel zur Erkennung und Lokalisation potenzieller Gefahrenquellen. Worin die Herausforderungen bei der Drohnenerkennung bestehen, erklärt Christian Rollwage, Leiter der Gruppe »Audiosignalverarbeitung«. Die Signalverarbeitung und -verbesserung von Sprach- und Audiosignalen gehören zu den zentralen Kompetenzen des Institutsteils Hör-, Sprach- und Audiotechnologie. Sie umfassen die Optimierung gestörter Audiosignalen sowie die Entwicklung von Aufnahme- und Verarbeitungstechnologien. Dadurch sind audiologische Daten selbst bei anspruchsvollen Umwelteinflüssen, wie etwa bei starkem Umgebungslärm, für akustische Sensoren nutzbar. Neben der Verbesserung von Audio- und Sprachsignalen stellt die Lokalisation von Geräuschquellen sowie die automatische Sprechererkennung einen wichtigen Forschungsteil des Fraunhofer IDMT in Oldenburg dar.

© Fraunhofer IDMT/Hannes Kalter
Christian Rollwage, Gruppenleiter »Audiosignalverbesserung« am Institutsteil Hör, Sprach und Audiotechnologie in Oldenburg.

Herr Rollwage, Sie entwickeln Software und Hardware für die Drohnenerkennung und -lokalisation. Was ist der konkrete Anlass dazu?

Der einfache Zugang zu Drohnen erzeugt nicht nur strahlende Kinder- oder Erwachsenenaugen, sondern leider auch neue Möglichkeiten, der Gesellschaft zu schaden. Für Großveranstaltungen ist das Szenario einer herannahenden Drohne heikel, bei Flughäfen sogar ein direktes Risiko, welches zu Millionenschäden durch Ausfälle führen kann. Innerhalb von Augenblicken muss der Veranstalter oder Fluglotse entscheiden: Nähert sich die Drohne in friedlicher Absicht oder nicht.

Worin besteht Ihre Aufgabe am Fraunhofer IDMT konkret?

Hauptaufgaben am Fraunhofer IDMT sind die akustische Drohnen-Lokalisation, also akustisch herauszufinden, von wo sich das Flugobjekt nähert, und die Drohnen-Erkennung, um zu ermitteln, ob es sich überhaupt um ein solches Flugobjekt handelt. Um das zu ermöglichen, besteht ein Großteil unserer Arbeit darin, akustische Signale optimal aufzubereiten, d. h. von Störgeräuschen zu befreien und anschließend zu interpretieren.

Was genau passiert bei der Drohnen-Lokalisation? 

Bei der Drohnen-Lokalisation mittels akustischer Sensoren nutzt man den Effekt, dass Schall in der Luft eine gewisse Zeit benötigt, um sich auszubreiten, also nicht überall gleichzeitig ist. Stellt man zwei Mikrofone ein Stück weit entfernt voneinander auf, so lässt sich beobachten, dass, je nach Richtung, aus der ein akustisches Signal kommt, dieses zu unterschiedlichen Zeiten an den Mikrofonen ankommt. Aus dieser Zeitverzögerung ergibt sich ein Winkel, der auf den Ort der Schallquelle in einer Ebene verweist. Die Verwendung von mehr als zwei Mikrofonen ermöglicht dann sogar, den Höhen- und Horizontalwinkel zu bestimmen. Dadurch lässt sich in einem dreidimensionalen Raum der Ort der Drohne ermitteln.

Und was verstehen Sie unter Drohnen-Erkennung?

Jede Drohne hat, vereinfacht gesagt, einen »akustischen Fingerabdruck«, den wir ermitteln und in einer Datenbank ablegen können. Unter der Erkennung von Drohnen versteht man die automatisierte Suche nach diesem Fingerabdruck, also einem spezifischen Muster im akustischen Signal, das einer Drohne zugeordnet werden kann. Mittels Verfahren des Maschinellen Lernens, im Grunde genommen künstlicher Intelligenz, ist ein Computer in der Lage, diese Muster zu erkennen und zu interpretieren. Diese Mustererkennungsverfahren benötigen viele Daten, um zuverlässig trainiert werden zu können.

Was stellt bei der Drohnen-Lokalisation und -Erkennung die größte Herausforderung dar?

Die größte Herausforderung für die akustischen Verfahren stellt immer das vorhandene Störgeräusch dar. Mit Verfahren der mehrkanaligen Signalvorverarbeitung lassen sich jedoch viele der Störquellen so unterdrücken, dass sie nur noch einen sehr geringen Einfluss auf das Ergebnis haben.

 

»Wir unterstützen den Nutzer bei der Einschätzung des Risikos, das von einer herannahenden Drohne ausgeht.«

 

Wie geht es weiter?

Wir bauen zurzeit einen Demonstrator zur Erkennung und Lokalisation von Drohnen, der von verschiedenen Anwendern getestet und durch deren Rückmeldungen optimiert wird. Wir rechnen im kommenden Jahr mit einem einsatzfähigen System. Wichtig ist, zu betonen, dass die akustische Modalität nicht die ausschließliche Lösung darstellt. Es benötigt immer einen Mix aus weiterer Sensorik, wie zum Beispiel Optik, Radar oder Funkaufklärung, um dem Kunden zuverlässige Endanwendungen anbieten zu können. 

Was treibt Sie in Ihrem Beruf besonders an, was motiviert Sie?

Mich treibt besonders an, Menschen vor potenziellen Gefahren zu schützen und diesen Schutz zu einem angemessenen Preis anbieten zu können.

Letzte Änderung: