Lösung für individuell optimierte Arbeitsplätze in Call- und Service-Centern
Fraunhofer-Software bietet individuelle Höreinstellung und besseres Sprachverstehen am Telefon
Oldenburg/Berlin. Die Arbeit in Call- und Service-Centern erfordert ein hohes Maß an Konzentration. Die Mitarbeiter müssen während der Kommunikation mit dem Kunden Informationen aus verschiedenen Datenbanken abrufen. Auch das stundenlange Zuhören am Telefon bedeutet eine mentale Anstrengung − besonders, wenn im Großraumbüro viele Mitarbeiter gleichzeitig telefonieren und die Hintergrundgeräusche entsprechend laut sind. Wissenschaftler des Fraunhofer IDMT stellen auf der diesjährigen Call Center World vom 23. bis 25. Februar in Berlin eine Software vor, mit der Service-Mitarbeiter die Wiedergabe des Telefonsignals an ihre individuellen Hörbedürfnisse anpassen können. Studien belegen, dass die Technologie besonders bei Umgebungslärm oder schlechter Signalqualität eine deutliche Verbesserung des Sprachverstehens ermöglicht.
Die Fraunhofer-Software kann direkt in bestehende Telefonanlagen integriert werden. Die individuelle Klangeinstellung erfolgt über eine einfache Bedienoberfläche am PC. Anwender wählen aus verschiedenen Voreinstellungen, welches Klangbild und welche Lautstärke für sie angenehm sind. Eine intelligente Signalverarbeitung optimiert dann jedes eingehende Gespräch auf dieses Hörprofil.
»Im Rahmen unserer Evaluationsstudien konnten wir zeigen, dass die Technologie signifikante Vorteile bietet, wenn die Sprachverständlichkeit bei dem unverarbeiteten Signal als weniger gut eingestuft wird«, sagt Dr. Jan Rennies-Hochmuth von der Projektgruppe Hör-, Sprach- und Audiotechnologie des Fraunhofer IDMT. »Überraschend waren die sehr großen Unterschiede zwischen den Klangpräferenzen der einzelnen Teilnehmer – unabhängig davon, ob es sich um jüngere oder ältere, Normalhörende oder Menschen mit beginnender Hörminderung handelte. Dies legt nahe, dass durch eine Klangpersonalisierung ein hoher Nutzen für die Mitarbeiter erzielt werden kann, was in bisherigen Systemen so nicht möglich ist.«
Ein schlechtes Sprachverstehen bedeutet im Arbeitsalltag oft eine höhere mentale Beanspruchung, die zu Ermüdungserscheinungen führen kann. In einer Feldstudie stellte das Hörzentrum Oldenburg fest, dass das Sprachverstehen im Call-Center durch den Umgebungslärm deutlich eingeschränkt wird. Anhand eines Hörtests wurde zunächst das Hörverstehen der Mitarbeiter in einer ruhigen Umgebung gemessen. Die Teilnehmer hörten das dargebotene Sprachsignal über das Telefonsystem mit beidohrigen Headsets. Eine zweite Messung wurde im Volllastbetrieb bei einem in Call-Centern üblichen Hintergrundlärmpegel von 50-60 dB durchgeführt.
Dr. Markus Meis, medizinischer Psychologe am Hörzentrum Oldenburg: »Bei dem Hintergrundlärm im Volllastbetrieb hatten über 40 Prozent der normalhörenden Studienteilnehmer eine unzureichende Hörfähigkeit.«
Bei weiteren Befragungen zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz äußerten sich laut Meis mehr als zwei Drittel der Studienteilnehmer unzufrieden mit der akustischen Situation. Das habe auch Einfluss auf den Dialog mit dem Kunden: Über die Hälfte der Befragten stimmten der Aussage »Ich muss öfter beim Kunden nachfragen, da ich ihn nicht verstehe« teilweise bis völlig zu. Knapp die Hälfte gab an, häufig bis immer den Gesprächspartner zu bitten, lauter zu sprechen.
Das Fraunhofer IDMT auf der Call Center World: Halle 2, Stand 2A5a.
Über die Hörzentrum Oldenburg GmbH
Die Hörzentrum Oldenburg GmbH ist ein führendes Unternehmen auf dem Gebiet der anwendungsorientierten audiologischen Forschung und Hörsystemevaluation in Deutschland. Ziel des Hörzentrums ist die Verbesserung der Möglichkeiten zur Hördiagnostik und Rehabilitation hörgeschädigter Menschen. Das interdisziplinäre Team des Hörzentrums evaluiert und optimiert neue Hörsysteme und Audiotechnik. Ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt liegt in der Erforschung psycho-akustischer Wirkungen im Auftrag von Industrie und öffentlichen Einrichtungen. Darüber hinaus ist das Hörzentrum Ansprechpartner für Hörgeschädigte und bietet regelmäßig Diagnostik-Sprechstunden und verkaufsunabhängige Hörgeräte-Beratungen an.
Über die Projektgruppe für Hör-, Sprach- und Audiotechnologie des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT
Ziel der Projektgruppe Hör-, Sprach- und Audiotechnologie ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse über die Hörwahrnehmung des normalen und des beeinträchtigten Gehörs in technologische Anwendungen umzusetzen. Im Auftrag von Industrieunternehmen und öffentlichen Einrichtungen betreiben die Wissenschaftler angewandte Forschung und Entwicklung für die Branchen Telekommunikation, Multimedia, Gesundheit und Pflege, Gebäudetechnik, Verkehr, industrielle Produktion und Sicherheit. Die Projektgruppe wurde 2008 in Oldenburg als Außenstelle des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT gegründet. Über wissenschaftliche Kooperationen ist sie im Exzellenzcluster »Hearing4all« eng mit der Carl von Ossietzky Universität und weiteren Einrichtungen der Oldenburger Hörforschung verbunden.
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