Die Aquakultur ist seit Jahrzehnten der weltweit am schnellsten wachsende Lebensmittelsektor. Sie wird in vielen verschiedenen Formen betrieben, von der Teichwirtschaft über landbasierte Anlagen mit großen Tanks bis hin zu riesigen Netzgehegen im offenen Meer. Im Hinblick auf Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit, Tierwohl und Tiergesundheit steht die Aquakultur jedoch noch vor großen Herausforderungen, zu deren Lösung die Automatisierung und Digitalisierung der Prozesse in Zukunft einen wichtigen Beitrag leisten wird. Ein wichtiger Baustein ist dabei die kontinuierliche Zustandsüberwachung der Fische selbst sowie der technischen Aquakulturanlage, die es ermöglicht, bei Abweichungen vom Sollzustand schnell und effizient Maßnahmen einzuleiten. Automatisierte und digitalisierte Prozesse auf Basis von Sensortechnik werden dabei das manuelle Handling durch geschultes Fachpersonal zunehmend ergänzen und ersetzen.
Akustisches Monitoring von Fischbeständen
Mit rein visueller Sensorik (kamerabasiert) können die Tiere allerdings oft nur sehr schlecht beobachtet werden, da Lichtverhältnisse und Wassertrübung nur einen kleinen Ausschnitt der Umgebung unter Wasser preisgeben. Aussagen über den Gesundheitszustand, den Sättigungsgrad oder potenzielle Stressoren sind damit schwierig. Mit Hilfe unserer Technologie werden darum Unterwassergeräusche in Aquakulturen mit Hydrophonen aufgenommen, die erhobenen Signale mithilfe von statistischer Signalverarbeitung und KI-Modellen analysiert und software-basierte Handlungsempfehlung daraus abgeleitet (Passive Acoustic Monitoing, PAM). Konkret werden zunächst geeignete akustische Signaleigenschaften identifiziert, mit denen das Verhalten von Fischen modelliert werden kann (z. B. Flossenschlag und Wasserbewegung für Aktivität, Saug- bzw. Schluckgeräusche für Nahrungsaufnahme). Mit einem umfassenden Referenzdatensatz, der neben den akustischen Daten auch spezifische, manuell erfasste Eigenschaften des Fischbestands (Anzahl, Größe/Gewicht, Gesundheitszustand, Besatzdichte, Aktivitätslevel und Beckenbeschaffenheit) enthält, wird anschließend ein KI-Modell trainiert, das die einzelnen akustischen Ereignisse in Echtzeit konkretem Fischverhalten zuordnen kann (Akustische Ereignisdetektion, AED).
Die Methodik baut auf der eigenen Expertise im Bereich der Audiosignalverarbeitung und akustische Ereignisdetektion und -klassifikation auf und wird nun in einem neuem, innovativen Anwendungsfall, dem Unterwassermonitoring in Aquakulturen, genutzt. Hierzu greift das Fraunhofer IDMT auf die ausgezeichneten Möglichkeiten der Fraunhofer-Gesellschaft zurück und kooperiert mit dem Fraunhofer IMTE, das zu dieser transdisziplinären Technologie seine exzellente Expertise und Infrastruktur im Bereich Aquakultur und Fischgesundheit beiträgt.