Problemstellung / Hintergrund
Die Menge an nutzergenerierten audiovisuellen Daten nimmt ständig zu: Zahllose Tools erleichtern die kosteneffiziente Produktion und Bearbeitung von A/V Material, und über soziale Netzwerke und Videoplattformen finden Inhalte rasend schnell Verbreitung. Diese Entwicklung bietet einerseits umfassende, neue Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten. Andererseits werden Daten dabei aber auch bewusst oder unbewusst verändert, ohne Verweis auf die ursprünglichen Quellen wiederverwendet, und es rücken dadurch neue Probleme in den Vordergrund, die man an folgenden Fragen festmachen kann:
- Originalität: Wie kann man feststellen, ob Inhalte eine eigene Schöpfungshöhe aufweisen oder nur abgekupfert wurden? Besonders für die Kreativwirtschaft sind die angemessene Bewertung von schöpferischer Leistung und eine damit verbundene angemessene Vergütung notwendig.
- Echtheit: Wie kann man feststellen, ob (und wo) Inhalte absichtlich oder unabsichtlich editiert wurden? Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um z. B. Inhalte im journalistischen Kontext oder gar bei Ermittlungen einzuordnen. Die Frage stellt sich aber auch dort, wo Inhalte im Produktionsablauf geschnitten werden, ohne dass dies entsprechend dokumentiert wurde.
- Herkunft: Wie kann man feststellen welche Audiodatei zuerst bearbeitet oder veröffentlicht wurde und welche Audiodateien Vorgänger oder Nachfolger anderer Audiodateien sind? Diese Frage ist z.B. auch und gerade im Archivumfeld relevant, wo Ordnung in eine oft unübersichtlich große Anzahl von Duplikaten gebracht werden soll.
Unterstützung bei der Bewertung solcher und ähnlicher Fragen können automatische Detektionsverfahren aus dem jungen Forschungsgebiet der der Audioforensik bieten.
Zielsetzung des Projekts
Das Projekt hat folgende Ziele:
- Entwicklung neuartiger Audioforensik-Verfahren zur
- Analyse von Spuren verlustbehafteter Codierungsverfahren
- Mikrofon-Klassifizierung
- Analyse von stabilen Tönen und der elektrischen Netzfrequenz
- Plagiatsdetektion
- Bewertung der perzeptuellen Integrität von Inhalten
- Analyse der Bearbeitungshistorie von Audiomaterial (Audio-Phylogenie)
- Verbesserung der oben genannten Verfahren hinsichtlich Performanz und Skalierbarkeit
- Verbesserung der Detektionsergebnisse durch Kombination der Einzelverfahren
Anwendungsgebiete
Digitale Archive
Archive, insbesondere Produktionsarchive, können Bearbeitungsschritte, die in der Hektik des Tagesablaufs oft nicht oder unvollständig vermerkt wurden, nachträglich annotieren und so ihre Inhalte besser erschließen. Die Erkennung von Aufnahmegeräten, Codecs, Codec-Parametern und Schnitten kann zudem für Qualitätsprüfungen verwendet werden.
Journalismus und Medienanalyse
Um die Originalität und Authentizität von Mitschnitten besser einschätzen zu können, helfen die Verfahren zur Integritätsprüfung und Manipulationsdetektion. Die Grenzen der automatischen Detektion sind dabei zu beachten: Entsprechende Verfahren können immer nur bestimmte Formen von Manipulation erkennen und somit unter bestimmten Umständen falsche Authentizitätsbehauptungen widerlegen, nicht aber die Authentizität von Material beweisen.
Kreativwirtschaft
Die Werkzeuge zur Erkennung von Musikplagiaten können bei der juristischen Klärung von Ansprüchen helfen. Mit der automatischen Detektion von Aufnahme- und/oder Codierungsfehlern im Audiomaterialwerden Qualitätsprobleme im Produktionsablauf besser und schneller erkannt und können vermieden werden.