Ein Ohr für Vögel
Bevor eine Windkraftanlage errichtet oder eine Naturschutzmaßnahme umgesetzt wird, informieren sich die Planer über die Tier- und Pflanzenwelt vor Ort. Während man Gräser und Bäume noch recht einfach verzeichnen kann, ist das bei Vögeln und Co. schon schwieriger. Der Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT entwickelt in einem Projekt des Museums für Naturkunde Berlin in Kooperation mit der Firma ARSU ein Sensorsystem, das die Laute von Vögeln automatisch erfasst und auswertet. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt fördert das Vorhaben fachlich und finanziell mit 300.000 Euro.
»Die technischen Möglichkeiten zum Erfassen von Tierlauten sind heute sehr teuer oder man muss auf selbstgebaute Geräte zurückgreifen. Das ist über einen längeren Zeitraum oder an schwer zugänglichen Stellen fast unmöglich«, erklärt der Projektleiter Dr. Karl-Heinz Frommolt vom Museum für Naturkunde Berlin. Im Anschluss an das Erheben der Daten müsse man diese aufwändig auswerten. Dabei komme es häufig zu Fehlern. Manche Geräusche würden vom Aufnahmegerät schlichtweg »überhört« oder Tiere doppelt aufgenommen. Das mache die Verfahren ungenau und zeitintensiv. In dem Projekt namens DeViSe stehen zwar spezielle Vogel-Arten im Fokus, die Technik kann aber grundsätzlich für alle lautgebenden Tiere verwenden werden.
Robust, intelligent und günstig
Das Projekt umfasst die automatische Detektion, Lokalisation und das Tracking von Tierlauten mittels intelligenter akustischer Sensorik. Dafür baut das Fraunhofer IDMT aus Oldenburg mit den Partnern ein Sensorsystem. »Hierbei handelt es sich um ein günstiges, robustes und kompaktes Aufnahmegerät mit einer Software zum Steuern und Aufzeichnen. Es erfasst die Daten automatisch und bestimmt die Vogelarten sowie die Häufigkeit ihrer Rufe«, erklärt Christian Rollwage, Gruppenleiter Audiosignalverbesserung am Fraunhofer IDMT.
Im Projekt gehört neben der Entwicklung energieautonomer Sensorknoten und -netzwerke auch die Fertigung drahtloser Kommunikations-Schnittstellen zu den Aufgaben des Instituts. Eine fundamentale Rolle spielt auch die Programmierung von Software zur Signalvorverarbeitung. Diese schafft die Voraussetzungen für die intelligente Datensammlung, die automatische Befreiung der Aufnahmen von störenden Geräuschen und letztendlich auch für die exakte Lokalisation der Geräuschquelle.
Planer profitieren
Anhand dreier möglicher Anwendungsbereiche wird das Sensorsystem nach seiner Entwicklung getestet. Dabei geht es zum Beispiel um das Untersuchen von Vogel-Lebensräumen in der Nähe möglicher neuer Windparks oder das Erfassen von Tieren zum Bewerten von Grünflächen. Auf diesem Weg soll für Umweltwissenschaftler, Biologen, Landschaftsökologen und Unternehmen ein hochwertiges und dennoch günstiges akustisches digitales Sensorsystem zum Erfassen von Artenvielfalt entstehen.
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