Kontaktloses Gesundheitsmonitoring

Atemaussetzer im Schlaf, kritische Vitalparameter eines Säuglings oder das notwendige Monitoring von Atmung und Herzrate auf der Intensivstation und in der Pflege: Es gibt viele Gründe, um Vitaldaten aufzuzeichnen. Eine Lösung ist das kontaktlose Monitoring mittels Radar. Durch den kontaktlosen Einsatz verringert man den Aufwand im Vergleich zu kontaktbasierten Sensoren. Das Desinfizieren, Anbringen oder notwendige Justieren der Sensoren fällt weg - genauso wie der konstante Druck auf den Körper. Ein Radar misst Vital- und Bewegungsparameter des Menschen kontaktlos und ist daher insbesondere für ein Monitoring über länger Zeiträume hinweg geeignet. Die Besonderheit am Fraunhofer IDMT: Bei seitlicher Positionierung des Sensors relativ zum Menschen können einzelne Körperabschnitte unabhängig voneinander untersucht werden, um Vitalparameter aufzunehmen. Dadurch können Atmungsbewegungen am Torso und Pulsbewegungen beispielsweise an den Beinen voneinander getrennt aufgenommen werden. Eine nachfolgende Trennung durch komplexe Auswerteverfahren ist nicht nötig. Dies ist beispielsweise für die Erkennung von einer chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder einer Schlafapnoe interessant, da hier Bauch- und Brustatmung asynchron verlaufen können. Aber auch die Gliedmaßenbewegungen lassen sich aufzeichnen.

Im Projekt REMUS (»Respiration Measurement Using Sensors«) lag der Fokus zunächst auf der Erkennung der Atmung mittels Radar. Im Anschluss an die Projektlaufzeit wurde die Technologie so weiterentwickelt, dass nun durch die gezielte Positionierung des Radars weitere Vitalparameter erkannt werden können. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat für das beschriebene Verfahren ein Patent angemeldet (Patentnummer: 102022208945.6). 

Lösungsportfolio

  • Kontaktlose Erfassung von Gliedmaßen-, Atmungs- und Pulsbewegung basierend auf neuartigen Auswertungsalgorithmen
  • Branchenübergreifender Einsatz: Automotive/Autonomes Fahren, Schlafüberwachung, Pflege, Intensivmedizin
  • Synchrone Messung von weiterer Sensorik wie EEG und Audio

Monitoring von Vitaldaten für den Automotive-Bereich

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Radar wird im Automotive-Bereich bereits erfolgreich eingesetzt. Zusammen mit Lidar und Kamera bildet es die Basis für moderne Fahrerassistenzsysteme. Für das autonome Fahren ist das Radar für die Überwachung außerhalb des Fahrzeugs bekannt. Doch der Fahrzeuginnenraum bietet ebenfalls verschiedene Anwendungsmöglichkeiten.

Sobald die Assistenzsysteme an ihre Grenzen kommen, soll perspektivisch mittels Radar schnell festgestellt werden können, ob die Fahrerin oder der Fahrer bereit ist das Steuer wieder zu übernehmen. Das Fraunhofer IDMT testet bereits den Einsatz des Radars im Fahrzeug für Personen im Sitzen, um die Vitalparameter des Fahrenden zu überwachen, z. B. bei Berufskraftfahrenden oder perspektivisch in autonomen Fahrzeugen. Hierdurch soll zukünftig der Zustand des Fahrers schnell und robust eingeschätzt werden können. Für diesen Anwendungsfall ist die Positionierung des Radars beispielsweise in der Fahrzeugdecke denkbar.

Schon nach wenigen Minuten kann es in einem geschlossenen Auto in der Sonne für Kinder und Tiere lebensgefährlich werden. Kleine Kinder sind besonders anfällig für Hitze, da sie weniger schwitzen als Erwachsene. Mithilfe des Radars lassen sich nicht nur die Vitaldaten der Fahrerin oder des Fahrers detektieren. Die Puls- und Bewegungsmessungen kann auch die Anwesenheit von Kindern oder Tieren in Fahrzeugen erkennen. Dies ist also besonders für die Automobilindustrie interessant.

Identifikation von Biosignalen für ein mobiles Schlafscreening mit besonderem Fokus auf Apnoe

© Fraunhofer IDMT/Leona Hofmann
© Fraunhofer IDMT/Leona Hofmann
© Fraunhofer IDMT/Leona Hofmann

Das Schlaf-Apnoe-Syndrom ist eine der häufigsten Schlafstörung, die durch wiederholte Atemaussetzer während des Schlafs gekennzeichnet ist. Zu den typischen Symptomen gehören Schnarchen, Atempausen im Schlaf, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und morgendliche Kopfschmerzen. Die Unterbrechungen im Schlaf führen zu ernsthaften Folgeerkrankungen, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck und Herzinsuffizienz, Schlaganfälle, Diabetes Typ 2 sowie Depressionen. Schätzungsweise sind etwa 4 % der Männer und 2 % der Frauen im mittleren Alter betroffen1. Eine vollständige Diagnose wird typischerweise über eine Untersuchung im Schlaflabor mit aufwendiger Sensorik durchgeführt. Hierzu muss ein Anfangsverdacht vorliegen. Zur Vermeidung der Folgeerkrankungen wäre ein Screening mit einer leicht einzusetzenden Sensorik in der häuslichen Umgebung vorteilhaft.

Das Evangelische Krankenhaus Oldenburg, die Universität Oldenburg und das Fraunhofer IDMT in Oldenburg forschen in diesem Zusammenhang im Projekt »IdA« an der »Identifikation von Biosignalen für ein mobiles Schlafscreening mit besonderem Fokus auf Apnoe«. Ziel des Projekts ist also die Erkennung des Apnoe-Risikos bei Schlaganfallpatientinnen und -patienten mittels mobiler Sensorik. Dafür werden neben Daten der Atmung auch EKG, Pulsoxymetrie und die Aktivität des Gehirns über ein EEG (Elektroenzephalogramm) und über eine sogenannte mobile Polysomnographie (PSG) abgeleitet. Als weitere Komponente wurde eine innovative, funkabstandsbasierte Sensorik des IDMT mit aufgenommen. Mit der Sensorik des IDMT lassen sich prototypisch Atmung und Herzschlag kontaktlos erfassen und Apnoe-Ereignisse identifizieren. Seit Mitte 2024 ist dieser dafür konzipierte Prototyp auf der Stroke Unit des Evangelischen Krankenhauses in Oldenburg zur explorativen Forschung im Einsatz. Das Gerät wird von dem Fachpersonal an das Fußende des Bettes der Patientinnen und Patienten gehängt. Das medizinische Personal startet und beendet selbstständig die Messungen und kann das Gerät bei Bedarf jederzeit einfach entfernen. Der Aufbau ist platzsparend, robust und einfach zu bedienen. Es lässt sich zudem mit dem Polysomnographie-Gerät synchronisieren, so dass die Datenanalyse in Bezug auf die medizinische Referenz erfolgen kann. Eine solche Integration von neuartiger Sensorik ist im Rahmen von frühen Evaluationen relevant und wird vom Fraunhofer IDMT als Sensordatenfusion ermöglicht. 

1Young, T., Palta, M., Dempsey, J., Skatrud, J., Weber, S., & Badr, S. (1993). The occurrence of sleep-disordered breathing among middle-aged adults. New England journal of medicine, 328(17), 1230-1235

Intelligente Sensorik in medizinischen Anwendungsbereichen

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Atmen ist lebenswichtig - deshalb kann es im medizinischen Bereich entscheidend sein die Atemparameter zu erfassen und zu überwachen.
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Meist wird die Atmung in der Pflege oder im Krankenhaus, insbesondere während des Schlafs, nicht kontinuierlich überwacht. Eine Verschlechterung des Patientenzustandes wird hierdurch spät bemerkt. Eine kontinuierliche Erfassung der Atmungsparameter mit unauffälliger, externer Sensorik kann eine Lösung darstellen. Die erfassten Atmungsdaten geben dabei Informationen über den allgemeinen Gesundheitszustand und können für eine frühzeitige Alarmierung bei einer Verschlechterung genutzt werden. Die Messung wird durch ein Radar ermöglicht, das kontaktlos und deswegen besonders nutzerfreundlich und hygienisch misst. Patienten können sich unbeobachtet erholen, da durch das Radar kein Kamerabild oder Video erzeugt wird.

Schlafprobleme können zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung werden. Denn in Folge von schlechtem Schlaf erhöht sich beispielsweise das Risiko für Tagesschläfrigkeit. Das ist vor allem bei atmungsbezogenen Schlafproblemen, wie die COPD oder Schlafapnoe der Fall. Die nächtlichen Atmungsaussetzer bei der Schlafapnoe bergen auch ein hohes Risiko für Folgeerkrankungen. Das kontaktlose Atmungsmonitoring, entwickelt am Oldenburger Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA, richtet sich in diesem Kontext an Unternehmen im Bereich Consumer-Health sowie Märkte für Medizingeräte zur Vitaldatenerfassung. In unserem Arbeitsgebiet Connected Health entwickeln wir Lösungen für Gesundheitsleistungen, die flexibel von überall aus eingesetzt werden können und kontaktlos funktionieren.

Verschiedene neurologische Erkrankungen, wie Parkinson oder Epilepsie, gehen mit Bewegungsstörungen einher. Etwa Zittern, anhaltende Muskelanspannungen oder Gleichgewichtsstörungen. Diese lassen sich auf den Radaraufnahmen abbilden. Die Radartechnologie kann auch mit anderen Lösungen, etwa mobilen EEG-Systemen kombiniert werden, um beispielsweise eine Verbesserung der Detektion von epileptischen Anfällen zu erhalten.

Plötzlicher Kindstod, auch Sudden Infant Death Syndrome genannt (kurz: SIDS), meint den plötzlichen Tod eines gesund erscheinenden Säuglings ohne bekannten medizinischen Grund. Die Rückenlage, die Verwendung eines Schlafsacks anstelle von Kissen und Decken und ein eigenes Bett sorgen bei Säuglingen für einen sicherere Schlafumgebung. Neben diesen präventiven Maßnahmen ist auch hier der Einsatz von Radar zur Überwachung der Vitalfunktionen denkbar. So können Unregelmäßigkeiten in der Atmung, dem Puls oder eine ungünstige Bauchlage des Kindes frühzeitig identifiziert werden. 

© Fraunhofer IDMT
Durch eine seitliche Positionierung des Radars können die Forschenden am Fraunhofer IDMT besonders deutlich die Vitaldaten der verschiedenen Körperbereiche erheben, wie Atmungsparameter am Torso und den Puls an den Beinen.
© Fraunhofer IDMT
Die Rohdaten des Pulses wurden an den Beinen aufgezeichnet.
© Fraunhofer IDMT
Die am Torso gemessenen Rohdaten der Atmung lassen beispielsweise Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand zu.

Weitere Informationen

 

Pressemitteilung / 25.9.2023

Den ganzen Körper auf dem Radar

Fraunhofer IDMT entwickelt Aufnahme- und Analysemethoden für das Monitoring von Vital- und Bewegungsdaten via Radar.

 

Pressemitteilung / 8.11.2022

Das Schlaflabor zuhause

DGSM 2022: Fraunhofer IDMT präsentiert Technologien und Verfahren für ein mobiles Schlafmonitoring

 

Datenschutz für Biosignale

Zwischen schützenswerten Daten und relevanter Forschung: Wie können anwendbare Datenschutzkonzepte und Anonymisierungsverfahren für Biosignale aussehen?

 

Fraunhofer IDMT in den Medien / 13.1.2023

Das mobile Schlaflabor in der c't

Das Magazin »c't« berichtet in der Ausgabe 01/23, S.146 über unseren Einsatz von Radar und EEG für das mobile Schlafmonitoring.

 

SleepWell

Haben Sie heute gut geschlafen? Diese Frage betrifft jeden, denn Schlafstörungen beeinträchtigen langfristig die Gesundheit. Deshalb arbeiten wir an einem ohrnahen Multisensorsystem, um Schlafverhalten bequem zuhause aufzeichnen zu können.

 

Intelligente Gesundheitssysteme, die verbinden!

Das Arbeitsgebiet Connected Health widmet seine Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sensorgestützten Gesundheitssystemen, die flexibel und ohne klinische Infrastruktur eingesetzt werden können.

 

Mobile EEG-Systeme für eine bessere Epilepsie-Therapie

Exakt aufgezeichnete Biosignale zum Zeitpunkt des Anfalls in alltäglichen Abläufen helfen bei der Klassifizierung von Epilepsie-Erkrankungen, bei einer optimalen Dosierung von Medikamenten - und vielleicht zukünftig sogar bei der Entwicklung von Systemen zur Frühwarnung.

Die Weiterentwicklung des Institutsteils Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT in Oldenburg wird gefördert im niedersächsischen Programm »Vorab« durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur und die VolkswagenStiftung.

Mobile Neurotechnologien

Die Gruppe »Mobile Neurotechnologien« arbeitet an diskreten EEG-Systemen zur Analyse von Hirnaktivitäten - u. a. zur sicheren Arbeitsplatzgestaltung oder für den Einsatz in Gesundheitsanwendungen.